Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen
Von der Hofmolkerei bis – es ist bald Weihnachten – zur Weihnachtsbaumvermarktung, Direktvermarktung und regionale Wertschöpfung haben viele Gesichter.
Kürzlich war ich zu Gast auf dem Hof Moorfreude von Dagmar und Reiner Diers in Seefelderaußendeich, mitten in der Wesermarsch – dem schönsten Landkreis in Niedersachsen – und mitten in der Pläne.
Bei der Anfahrt dachte ich, oha, wer findet denn hier einen Dorfladen? Dann biege ich auf den Hof ein und vor mir lächeln mich zwei hochmotivierte und super engagierte Direktvermarkter an.
Vor etwa einem Jahr haben sie das Angebot ihres kleinen Bio-Dorfladens um einen Verkaufsautomaten erweitert, der den Kunden 24/7 zur Verfügung steht. Und was soll ich sagen, die beiden sind nicht nur extrem freundlich und überzeugt von dem, was sie tun, sondern sie sind auch absolut zufrieden bis begeistert von ihrem Umsatz.
Es kann also klappen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Die Corona-Pandemie hat das Verhalten der Menschen verändert, nicht nur ihr soziales Miteinander oder Freizeitverhalten, sondern auch die Einstellung zu Umwelt, Lebensmittelerzeugung und Ernährung. Dieser Wandel kommt auch direktvermarktenden Landwirtschafts- und Gartenbaubetrieben zu Gute. Hofläden, Marktstände und – allen voran – Milch- und Lebensmittelautomaten, erleben eine Nachfrage-Situation.
Eine Studie des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖLN) zur Bedeutung und Entwicklung der Direktvermarktung ermittelte weitere Motive für den direkten Kauf: So führten die befragten Konsumenten und Konsumentinnen neben Umweltaspekten folgende Beweggründe an:
- die Transparenz in der Erzeugung,
- die Unterstützung der regionalen Landwirtschaft,
- mehr Tierwohl,
- den sozialen Austausch, sowie
- den besseren Geschmack und die Frische der Produkte.
Dabei ist die Konkurrenz groß: Urlaub, Fitness, Shopping, Restaurantbesuche, die Freizeitgestaltung, batteln sich mit dem Geld, das für die Ernährung ausgegeben wird.
Als SPD Niedersachsen beschäftigen wir uns intensiv mit dem Anspruch von Verbraucherinnen und Verbrauchern im Hinblick auf ihr Ernährungsverhalten, mit Umwelt-, Natur- und Artenschutz, mit Tierschutz und natürlich mit dem Auskommen mit dem Einkommen der Erzeuger:Innen. Dazu sind wir permanent mit unterschiedlichen Gruppen und Akteuren aus Praxis und Wissenschaft im Austausch.
Der Niedersächsische Weg ist ein Paradebeispiel für einen neuen Weg der Gemeinsamkeit, des Verständnisses füreinander – einem Weg von zielführenden Lösungen. Wir als SPD-Fraktion setzen diesen Weg in Richtung Lebensmitteleinzelhandel, mit unserem Sieben-Punkte-Plan für faire Preise für gute Lebensmittel fort. In diesem Papier haben wir im Punkt „Stärkung der ländlichen Räume und landwirtschaftlichen Strukturen durch regionale Direktvermarktung“ unter anderem Folgendes festgeschrieben: „Die regionale Direktvermarktung und die Dezentralisierung von Verarbeitungsbetrieben müssen zu diesem Zwecke gefördert und die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen unterstützt werden.“
Dass die Monopolstellung des Lebensmitteleinzelhandels äußerst anfällig für Störungen ist, haben uns die Pandemie und die Lieferengpässe durch den Überfall Russlands auf die Ukraine deutlich bis schmerzhaft vor Augen geführt. Dabei ist die Entscheidung für die Direktvermarktung nicht ganz einfach. Vermarktung und Verkauf wollen geplant werden. Dazu kommen bürokratische Anforderungen, Genehmigungen, Finanzierungen und einiges mehr.
Wir haben bereits einen Antrag zum Thema Gebührensätze bei Schlachtungen im vergangenen Plenum verabschiedet. Das ist ein Stein im Mosaik und auch ein Puzzlestück, dass passgenau eine Hürde abgebaut hat. Dazu kommt, dass die lokale Herstellung und Vermarktung von Lebensmitteln die Grundversorgung vor Ort sichert und auch die Region widerstandsfähiger gegenüber Krisen macht und ein Stück Unabhängigkeit vom Wettbewerb auf den nationalen und internationalen Märkten bietet. Kaufkraft und Beschäftigung vor Ort werden gestärkt und ländliche Wirtschaftskreisläufe gefördert.
Im Sommer haben wir, als SPD-Fraktion zur Direktvermarkterkonferenz eingeladen. Die Resonanz war enorm. Ein hochkarätiges Plenum aus Landwirtschaftskammer, Landvolk, Norddeutschen Direktvermarktern, Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft, Freie Bauern, Laves, das Kompetenzzentrum Ökolandbau, Landjugend, Jäger, Fischer, Landfrauen, praktizierende Direktvermarkter und viele mehr bereicherten die Diskussion mit ihren Vorschlägen und Anregungen. Sie sprachen über die Herausforderungen genauso wie über die Chancen und sie schrieben uns ins Buch, was jetzt getan werden muss.
Die Ergebnisse unserer Direktvermarkterkonferenz sind direkt in diesen Antrag eingeflossen und kommen somit direkt aus der Praxis. An dieser Stelle bedanke ich mich noch mal ausdrücklich für die fantastische Zusammenarbeit.
Wir wollen nicht nur die Herstellung der Produkte unterstützen, sondern auch die Logistik und Abwicklung für die Direktvermarkter erleichtern. Wir wollen die Digitalisierung fördern und regionale Lebensmittel auch im Schul- und Arbeitsalltag zum Beispiel in Kantinen als Alternative interessant machen. Diese Maßnahmen zur Direktvermarktung sind dabei ein weiterer Baustein bei der Unterstützung zur Transformation in der Landwirtschaft. Bei allen Herausforderungen, die uns in den derzeitigen globalen Krisen begegnen ist klar: Niedersachsen ist das Agrarland Nummer 1 und wir unterstützen unsere Landwirtinnen und Landwirte. Auch in unserem Koalitionsvertrag haben wir uns zum Ausbau der Direktvermarktung und dezentraler Verarbeitungsstrukturen verpflichtet. Mit der Einbringung dieses Antrags ist der nächste Schritt zur Umsetzung des Koalitionsvertrages erfolgt.
Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.