Rede: Ernährungssicherung in einer historischen Krise – die Potenziale der heimischen Landwirtschaft aktivieren

Meine Rede zur Aktuellen Stunde der CDU mit dem Titel "Ernährungssicherung in einer historischen Krise - die Potenziale der heimischen Landwirtschaft aktivieren"

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Anrede,

Ernährungssicherheit bedeutet Leben – da sind wir uns alle einig, da gibt es keine zwei Meinungen.

Vor dem Hintergrund bedarf die Sicherheit der Lebensmittelproduktion und der Lieferketten andauernder Aufmerksamkeit, nicht nur in einer von ihnen skizzierten historischen Krise. Ich denke, da sind wir uns einig?

Und es stimmt, vor dem Hintergrund des Krieges müssen wir die Potenziale der Landwirtschaft ausschöpfen. Das müssen wir klug und wohl überlegt tun. Auf keinen Fall dürfen wir das auf Kosten der Ernährungssicherheit in der Zukunft tun.

Um solchen Entwicklungen entgegenzutreten, muss der Selbstversorgungsgrad in Deutschland und Europa noch weiter erhöht werden – und zwar langfristig. Es würde uns nichts nützen, kurzfristig in Reaktion auf einen Krieg, die Produktivität der Agrarindustrie hochzufahren, wenn wir dadurch ein System stärken, welches durch nicht nachhaltiges Wirtschaften die Widerstandsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft auf Dauer untergräbt.

So sieht es auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirte. Die Bundesvorsitzende, Elisabeth Fresen, sagt: Die Zeit zurückdrehen und eine Abkehr vom notwendigen Umbau der Tierhaltung oder dem Green Deal der Europäischen Union zu fordern, wie es einige Interessengruppen und Parteien gerade tun, sei nicht nur unanständig den Menschen in der Ukraine gegenüber.

Es verkennt auch, dass das keine Lösung für die Bäuerinnen und Bauern und die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland ist. Das bisherige System hat Abhängigkeiten, existenzielle Nöte und die Kritik der Gesellschaft gebracht. Der Weg daraus geht nur nach vorn: mit Klima, Tier und Umweltschutz und durch den Erhalt bäuerlicher Landwirtschaft.

Müssen wir nicht vielmehr endlich ernsthaft auch über die eklatante Lebensmittelverschwendung sprechen? Es wird in Europa mehr als genug Nahrung produziert – aber wir müssen sie auch richtig nutzen und verwerten. Ich behaupte: Keine Landwirtin und kein Landwirt möchte für die Abfalltonne produzieren. Klar ist, dass auch das nur ein kleiner Baustein sein kann.

Das System Lebensmittelversorgung ist bereits angeschlagen. Das haben wir nicht erst mit den Auswirkungen der Pandemie erkannt.

Ein Zurücknehmen der Düngeverordnung sowie ein wieder Hochfahren der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln würden vielleicht kurzfristig zu mehr Produktion führen, aber es würde – ich kann es nicht oft genug sagen – die Probleme nur auf morgen verschieben.

Das dürfen wir unseren nachfolgenden Genrationen doch nicht aufbürden.

Auch das European Milk Board (EMB) warnt am Montag (21.03.) vor Schnellschüssen. Ich zitiere: „Das aktuelle System hat die Landwirtschaft, hat die Erzeuger förmlich heruntergewirtschaftet. Preise, die seit vielen Jahren die Kosten bei weitem nicht decken, haben eine große Zahl von Erzeugern in die Verschuldung und viele komplett aus der Produktion getrieben. Ernährungssouverän zu produzieren ist so nicht möglich“, äußert sich die Vorsitzende, Sieta van Keimpema.

Und noch etwas: Analog zum Energiemarkt – natürlich gehören alle möglichen Maßnahmen auf den Prüfstand und dann muss geschaut werden, was schnell wirken kann und was welche Auswirkungen hat. Festzustellen ist, dass die drastischen Preissteigerungen bei Agrargütern nicht ausschließlich Folge von aktuellen Engpässen, sondern schlicht „Zockerei“ am Markt, sind. Das gehört zur Ehrlichkeit auch dazu.

Die großen Energie- und Agrar-Konzerne verdienen mit gigantischen Mitnahme-Effekten am Krieg. Ist das redlich – ist das fair?

Die Versorgungslage auf dem Weltmarkt ist temporär, da unklar ist, wie lange der Krieg anhält und wie schwerwiegend die Folgen für die ukrainische Landwirtschaft und die Infrastruktur sein werden.

Die möglichen Reaktionen sollten zunächst auf kurzfristige Effekte abzielen und möglichst international – mindestens auf EU-Ebene – abgestimmt sein.

Hochachtung übrigens vor Präsident Selenski. In seiner Videobotschaft vom 11. März fordert er die Ukrainischen Bauern auf ihre Felder zu bestellen.

Der Bund hat ein erstes Maßnahmen-Paket auf den Weg gebracht. Genannt werden, zum Beispiel: Die Etablierung einer Ausnahmeregelung (2022) für den Aufwuchs auf ökologischen Vorrangflächen, sowie ein Ausbau der bestehenden Eiweißpflanzenstrategie.

Heute wird die EU-Kommission eine Mitteilung über die Stärkung der Resilienz der EU-Nahrungsmittelsysteme veröffentlichen.

Obwohl die Nahrungsmittelversorgung der EU gewährleistet ist, prüft die Kommission verschiedene Maßnahmen, insbesondere die private Lagerhaltung von Schweinefleisch (nach Art. 17 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO)), die Nutzung der Krisenreserve (gem. Art. 219 GMO), sowie die Freigabe von ökologischen Vorrangflächen.

Die EU-Kommission bekräftigte jüngst nochmals die Ziele der Farm-to-Fork Strategie.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

die nachhaltige Produktion von Lebensmitteln zur Sicherung der Funktionsfähigkeit und Resilienz der Wertschöpfungskette als Teil der kritischen Infrastruktur ist jetzt die Hauptaufgabe. Dies gilt auch mit Hinblick auf die internationale Ebene.

Wir dürfen den Krieg in der Ukraine nicht als Vorwand verstehen, jetzt alles Erreichte wieder zurückzunehmen. Das hilft weder der Ernährungssicherheit, noch unseren Landwirtinnen und Landwirten.

Krieg und Klima dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es gibt keine  Stopp oder Pause-Taste für die Klimakrise.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.