Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete
Landwirtschaft entfesseln: Anreize statt Ordnungsrecht
Der Titel der Aktuellen Stunde der FDP lässt viel Raum für Interpretationen, lieber Hermann Grupe. Da wir uns gut kennen versuche ich mal heraus zu orakeln was damit gemeint ist.
Ordnungsrecht, da sprechen wir über rechtliche Ge- und Verbote. Die tangieren uns als Gesellschaft überall. Das Ordnungsrecht umfasst die Gesamtheit aller Rechtsvorschriften, die der Abwehr von Gefahren und Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen.
Soweit zur allgemeinen Definition. Bezogen auf die Landwirtschaft geht es darum, genau zu schauen wo es möglich bzw. geboten ist nicht mit Ver- und oder Geboten zu arbeiten, sondern wo es darum geht durch Anreize zu denselben Ergebnissen zu kommen. Da bin ich sofort dabei!
Der Niedersächsische Weg ist ein Paradebeispiel dafür, wie es mit Anreizen gelingen kann Ge- und Verbote zu vermeiden.
Mit dieser Einigung zwischen der Landwirtschaft und dem Umweltschutz ist es gelungen, sich gemeinsam und im Einvernehmen auf mehr Arten- und Umwelt- und Naturschutz zu verabreden – ohne Ordnungsrecht, sondern mit Anreizen, wie zum Beispiel bei den Gewässerrandstreifen.
Der Niedersächsische Weg hat bewiesen, wie ernst es unserer Landesregierung und allen Fraktionen des Hauses ist. Hier haben wir alle gemeinsam deutlich gemacht, dass wir Anreize vor Ordnungsrecht stellen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Machen wir einen Schwenk zum Düngerecht. Hier hat die Landesregierung auf die Landwirt*innen reagiert und es konnte ein emmissionsbasiertes Modell für die Festlegung der roten Gebiete formuliert werden.
Nun gibt es aktuelle Entwicklungen. Die Europäische Kommission lehnt dieses Modell ab. Das ist für uns alle ein herber Schlag, zumal die bisherige Regelung schon gute Ergebnisse erzielt hat. Eine Binnendifferenzierung durch die Länder scheint aber weiterhin möglich zu sein. Die Gespräche, zwischen der Kommission, Bund und Ländern laufen. Ziel muss es sein, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland zur Umsetzung der Düngeverordnung abzuwenden.
Das „Entfesseln“ beschäftigt mich. Zu fordern, die Landwirtschaft von Ordnungsrecht zu entfesseln ist schön und gut, geht aber leider – in der Gesamtheit – an der Realität vorbei. Da aber, wo Regelungen notwendig sind, müssen sie nachvollziehbar sein.
Die Landwirtschaft existiert nicht im luftleeren Raum. Sie hat im Falle der Düngung eben auch Auswirkungen auf das Grundwasser und damit auf unser Trinkwasser, sowie auf unsere Oberflächengewässer.
Uns fällt auf die Füße, was die Bundesregierung jahrzehntelang vor sich her geschoben hat. Meine Kolleg*innen aus der SPD-Bundestagsfraktion haben immer und immer wieder darauf hingewiesen, dass hier etwas getan werden muss.
In einer Pressemitteilung der Kollegen Rainer Spiering und Carsten Träger von 2018 hieß es: „Weder die Allgemeinheit noch die Landwirte, die ordentlich arbeiten, dürfen für die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte in Haftung genommen werden.“ Zitat Ende
Genau das wird nun aber aufgrund der Versäumnisse der vergangenen Jahre in vielen Fällen passieren, fürchte ich.
Augen zu und durch funktioniert eben nicht immer oder sind es die drei Weltaffen, die nichts hören, nichts sehen und nichts sagen, die ich bemühen muss?
Auf jeden Fall stehen wir vor dem Scherbenhaufen einer erbarmungslosen immer weiter so- Mentalität der Agrarpolitik, der letzten Jahrzehnte.
Dass die Landwirtschaft nicht im entfesselten, im luftleeren Raum existieren kann, sehen wir auch an anderen bitteren Ereignissen.
Wäre dass der Fall, würde sich niemand daran stören, dass tausende Schweine in ihren Ställen verenden, weil der Halter den Hof aufgibt und sich nicht darum kümmert, die Tiere neu unterzubringen.
Es würde uns nicht stören, dass tausende Schweine und Hühner in brennenden Ställen ihr Leben lassen und auch die Schlachthofskandale der letzten Jahre, die Dramen der Tiertransporte, um einige Beispiele zu nennen, würden uns nicht stören. Aber halt – sie sind eben nicht zu entfesseln von der Landwirtschaft und sie unterliegen alle dem Ordnungsrecht und das ist richtig so!
Wie in den letzten Monaten immer wieder gesagt: Die Verbraucher*innen legen großen Wert drauf, zu wissen, woher ihre Nahrungsmittel kommen. Sie wollen wissen, wie die Tiere, die ihr Fleisch liefern, behandelt wurden.
Die Meldungen über Tierleid, die ich eben aufgezählt habe, haben dieses Umdenken gefördert.
Schwarze Schafe müssen gefunden werden, bzw. dürfen gar nicht erst soweit kommen, Tieren in ihrer Obhut Schmerzen zuzufügen oder sie einfach verenden zu lassen.
Deshalb geht es nicht in erster Linie ums Entfesseln, um Ge- und Verbote, es geht um Aufklärung, um Beratung und Unterstützung. Vor allem geht es darum gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
Das ist mit der SPD Landtagsfraktion immer zu machen.
Herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit.