Rede im Plenum: Der nächsten Milchkrise wirksam begegnen

Die Milchkrisen der vergangenen Jahre haben unsere Milcherzeuger hart getroffen. Eine weitere Krise könnten viele Milchbauern nicht verkraften. Wir fordern die Einführung, Förderung und Begleitung von Mitteln und Wegen, um solche Krisen zukünftig besser abfedern zu können oder ihnen vorzubeugen.

Anrede,

22% der Wertschöpfung aus der Landwirtschaft in Deutschland kommt aus der Milchwirtschaft. Unsere Milch in Niedersachsen wird vorwiegend von Familienbetrieben erzeugt.

Die Preise für Milch unterliegen einer hohen Volatilität. Dafür sind zum Teil zunehmende Schwankungen bei Nachfragemengen auf dem internationalen Markt verantwortlich. Risikoabschätzung, Wechselkurse, Klimaveränderung, viele Faktoren bestimmen den Preis. Diese Schwankungen führten in den Jahren 2009, 2012 und 2015/2016 zu Krisen, die unsere Familienbetriebe finanziell stark belastet haben.

Wir sind uns bewusst, dass wir hier eingreifen müssen, um unsere Landwirtschaft zu schützen und zu unterstützen. Wir benötigen Mechanismen, um vorbeugen und im Falle einer Krise einschreiten zu können.

Mein Wahlkreis, die Wesermarsch, eine der größten zusammenhängenden Grünlandregionen Europas, ist geprägt von Milchviehhaltung.

Exemplarisch stelle ich einen Landwirt vor, der Milch produziert. Er hat die genannten Krisenjahre halbwegs überstanden, aber eine neue Krise könnte ihn und seinen Familienbetrieb in arge Probleme stürzen, denn auch die Hitze von 2018 hat ihn ziemlich gebeutelt, weil er Futter zukaufen musste.

Weiden und Wiesen prägen nicht nur in der Wesermarsch, sondern in weiten Teilen von Niedersachsen das Landschaftsbild. Dauergrünland bildet den Lebensraum für zahlreiche wildlebende Tiere, fördert die Biodiversität und dient dem Grundwasser- und dem Klimaschutz.

Da wundert es doch niemanden, wenn wir die Förderung von Flächen in benachteiligten Regionen im Rahmen der neuen Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 der EU fordern.

Wir wollen eine dauerhafte Bewirtschaftung und Pflege, auch auf schwierig zugänglichen Flächen, die größtenteils aus Grünland bestehen. Damit kann gleichzeitig ein Beitrag zu Natur- und Umweltschutz geleistet werden.

Zurück zu meinem Milchbauern in der Wesermarsch. Er lässt seine Kühe auf Grünland weiden und weiß, dass Grünland viel CO2 speichert, dass es seinen Kühen auf den Weiden gut geht und die Milch seiner Kühe außerdem sehr begehrt ist.

Bei der Fütterung steigt er um auf eine GVO-freie Fütterung, bedeutet: er verzichtet auf genetisch veränderte Futtermittel.

Er möchte aber zum Beispiel gerne noch wissen, wie er sich weiter absichern kann, falls demnächst die Preise wieder fallen. Wie ihm geht es hier auch vielen anderen Landwirten.

Die Beratung der Landwirte hinsichtlich der Abfederung von Preisschwankungen muss entsprechend verbessert werden. Dies kann zum Beispiel durch bisher nicht genutzte Potenziale bei Erzeugung und Vermarktung von Milch und Milchprodukten geschehen. Wie sinnvoll ist zum Beispiel die Direktvermarktung der Milch von meinem Landwirt?

Gibt es vielleicht doch noch irgendwo die Möglichkeit, auf dem Hof effizienter zu arbeiten? Wo könnte eine Nische sein? Potenziale müssen erkannt und gehoben werden.

Weiterhin muss Niedersachsen sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass börsenbasierte Festpreismodelle und Warenterminbörsen im Milchsektor positiv begleitet werden. Sie ermöglichen Landwirten, das Risiko zu streuen und sich im Falle eines Preissturzes etwas besser abzusichern, als in den vergangenen Krisen.

Der Artikel 148 der gemeinsamen Marktorganisation, muss weiterhin Anwendung finden dürfen, wenn die Sektorstrategie 2030 der Molkereiwirtschaft nicht ausreichend Steuerungswirkung entfaltet. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte der Molkereiwirtschaft auferlegt, ein eigenes Steuerungskonzept zu erarbeiten, um zukünftige Preisschwankungen besser abfedern zu können.

Bis Ende des Jahres soll die Sektorstategie 2030 fertiggestellt sein. Dann werden wir sehen, ob durch die Nutzung des Artikels 148 der gemeinsamen Marktorganisation der EU von Seiten des Staates eingegriffen werden muss.

Dieser Artikel besagt, dass ein EU-Mitgliedstaat in die Vertragsbeziehungen eingreifen kann und das Verhältnis zwischen Preis und Menge der gelieferten Milch festlegen kann. Und im Sinne der Erzeuger – und meines Wesermarsch Milchbauern – muss das weiterhin möglich sein.

Die Milchmarktbeobachtungsstelle der EU muss ein voll funktionsfähiges Instrument der Marktanalyse und Krisenintervention werden. Nur so kann sie zu einem guten und erfolgreichen Frühwarnsystem werden. Das findet auch mein Wesermarsch-Landwirt besonders wichtig. Denn er muss auf Krisen möglichst früh reagieren können. Durch eine verlässliche Beobachtungsstelle, die frühzeitig Warnungen ausspricht, wäre es für ihn deutlich einfacher, zu handeln und sich anzupassen.

Die Familienbetriebe, die Milchkühe halten sind das schwächste Glied in der Kette der Produktion. Ihre Stellung in der Wertschöpfungskette müssen wir verbessern, wenn wir weiterhin gewährleisten wollen, dass solche Betriebe Teil unserer Landwirtschaft bleiben und Landwirtinnen und Landwirte mit ihren Familien ihren Lebensunterhalt verdienen können.

Diese Menschen sind es, die uns mit unseren Nahrungsmitteln versorgen und die unsere Kulturlandschaft pflegen. Von ihnen sind außerdem vor- und nachgelagerte Unternehmen und Betriebe abhängig.

Ausdrücklich begrüßen wir auch das Das PRO WEIDELAND Label.

Das Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen aus meiner Heimat, hat unter diesem erfolgreichen Label, verschiedene Molkereien, sowie einen Schlachtbetrieb versammelt.

Dahinter verbirgt sich das, was Verbraucher wollen, eine klare Produktkennzeichnung für Milch- und Fleischprodukte, deren Herstellung besonderen Kriterien, wie der Weidehaltung, unterliegen. Auch mein Wesermarsch-Landwirt beteiligt sich an dem Label und erhält dafür einen etwas höheren Milchpreis.

Gemeinsam wollen wir erreichen, dass weidende Kühe auch in Zukunft unser Landschaftsbild prägen und wir damit die Wünsche von Verbrauchern bestmöglich erfüllt werden.

Und trinken wir nicht alle lieber regional hergestellte Milch und essen wir nicht alle lieber regional hergestellten Käse, Joghurt und Butter?

Ich gehe mal davon aus, dass das so ist und deshalb stimmen wir heute für diesen Antrag in seiner geänderten Fassung.

Vielen Dank.

 

Der nächsten Milchkrise wirksam begegnen auf Youtube

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