
Dass er mit nur 34 Jahren zum Oberbürgermeister von München gewählt wurde, ist da nicht verwunderlich. Auch die Vorbereitung der Olympischen Spiele in München, die er als OB maßgeblich vorantrieb, zeigte, dass er mit weltoffenen, friedlichen und freien Spielen das schwere Erbe von 1936 zu überwinden versuchte.
Sein unbedingtes Bekenntnis zum Parlamentarismus wurde auch durch seine Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter geschätzt so dass er 1983 in schwierigen Zeiten zum Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde. Damit trat er in große Fußstapfen, hießen seine Vorgänger doch unter anderem Kurt Schumacher, Helmut Schmidt und Herbert Wehner. Als er acht Jahre später den Fraktionsvorsitz an Hans-Ulrich Klose abgegeben hat, waren sich alle einig, dass er sich diesen Fußstapfen nicht nur als würdig erwiesen hat, sondern selbst ein großes politisches Erbe hinterlassen hat. In seine Zeit als Fraktionsvorsitzender fielen zentrale deutschland-, europa- und weltpolitische Ereignisse: über die NATO-Nachrüstung, die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986 bis hin zum Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen in Europa und vor allem dem Mauerfall am 9. November 1989 und der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990, um nur einige zu nennen.
Die SPD hat unter seiner Führung auf jede Herausforderung eigene Antworten im Deutschen Bundestag präsentiert. Viele unserer Initiativen waren zukunftsweisend.
Auch nach seiner Zeit als Fraktionsvorsitzender hat er an zentraler Stelle im Parlament gewirkt. Als Mitglied der gemeinsamen Verfassungskommission hat er beispielsweise die deutsche Einheit nachhaltig mitgestaltet. Immer wieder äußerte er sich auch als Parteivorsitzender zu grundsätzlichen Fragen und hat die SPD damit bis heute nach innen und außen würdig vertreten.
Vielen Genossinnen und Genossen ist seine Wertorientierung im politischen Alltag stets ein Vorbild. Immer wieder gab Hans-Jochen Vogel uns Sozialdemokraten, insbesondere auch in seinen publizistischen Werken, Selbstbewusstsein durch einen stolzen Blick auf unsere Geschichte – zuletzt mit Büchern seiner Reden und mit einem sozialdemokratischen Blick auf die Wendezeit. Auch sein souveräner Umgang der letzten Jahre mit dem Alter hat uns und viele andere sehr beeindruckt. Mit moralischer Integrität und als überzeugter Christ hat sich Hans-Jochen Vogel sein Leben lang für das Gemeinwohl eingesetzt und überzeugt mit Glaubwürdigkeit und Gradlinigkeit. Er zeigt uns, wie es gelingen kann, über Jahrzehnte wertfundierte und gleichzeitig rational abgewogene Politik zu machen.
Für die Genossinnen und Genossen ist Hans-Jochen Vogel ein Vorbild, wenn es darum geht, immer wieder bescheiden und uneitel die Verantwortung für die Sozialdemokratie und die Gesellschaft insgesamt zu übernehmen.
Im Namen der SPD gratulieren wir deswegen herzlich und danken Hans-Jochen Vogel für seinen jahrzehntelangen Einsatz!